Kategorie: Radikon

Friaul Julisch-Venetien / Italien

IKONE

NATURWEIN

Das Weingut Radikon darf man durchaus als einen der Vorreiter und eine der Ikonen der Naturweinbewegung bezeichnen. Extrem von den Einwirkungen der Maischegärung beeinflusste Orangeweine, die bei den allermeisten Weinkontrolleuren für entsetzte Schnappatmung sorgen würden. Für uns und eine kleine, weltweit verteilte Fangemeinde, gehören die Weine aus Nord-Ost-Italien zum spannendsten, was die Szene zu bieten hat.

RADIKON / STORY

Vorreiter der Naturweinbewegung

Mit den Weinen von Sasa Radikon kamen wir erstmals 2012 in einem italienischen Restaurant in Kontakt. Während wir uns einen maischevergorenen Trebbiano aus den Abruzzen bestellt hatten, trank unser Nachbartisch einen Ribolla Gialla von Radikon aus dem Jahr 2002. Die an Bernstein erinnernde Farbe und die ganz eigene Flaschenform und -größe machten uns neugierig. So kamen wir schnell ins Gespräch und nach der Hälfte unserer Flaschen setzten wir zum Tausch an. Schon mit dem ersten Schluck waren wir infiziert. Dieser (bis dato) noch nach Unbekanntem duftende Wein erinnerte an Passito, war entgegen unserer Erwartungshaltung jedoch knochentrocken, frisch wie ein Gebirgsbach während der Schneeschmelze und hatte annähernd die Gerbstoffstruktur eines großen Rotweines. So kam es, dass in den Folgejahren keines verging, an dem wir nicht die gesamte Kollektion mehrmals verkostet haben. Während dieser Zeit gelangte Orangewine, also maischevergorener Weißwein, immer stärker in den Fokus der Winzer, Weinprofis und -blogger und spaltete die Lager in pro und contra. Auch wir haben in dieser Zeit viele dieser traditionell hergestellten Weine probiert und die Exemplare, die an Radikons Unikate herankommen, kann man an einer Hand abzählen.

Nichtstun als Philosophie

Zurück ins Friaul, genauer gesagt an den östlichen Ausläufer des Collio (Collio Goriziano). Eine DOC im Anbaugebiet Friaul-Julisch Venetien, die zwar an Slowenien grenzt, jedoch auch einige Weingüter jenseits der Grenze zu den ihren zählt. Hier gab Stanko Radikon, der im September 2016 verstorbene Vater von Sasa Radikon, im Jahr 1995 seinem Ribolla Gialla erstmals sieben Tage Maischestandzeit. Dabei hielt er sich an die Überlieferungen seines Großvaters Edoardo. Er war es, der nach dem ersten Weltkrieg vorangegangen ist und Ribolla in Oslavia gepflanzt und auf der Maische vergoren hat. Diese handwerkliche Technik verfeinerte das Familienweingut über die Jahre, so dass mittlerweile Maischestandzeiten zwischen 2 und 4 Monaten möglich sind, ohne dabei Abstriche bei der Reintönigkeit und Frische zu machen.

Der alkoholischen Gärung folgt eine 4-jährige Reifezeit in 2.500 und 3.500 Liter fassenden Holzfässern, von wo aus sie unfiltriert und ungeschwefelt in die Flaschen gefüllt werden. Diese lagern nochmals zwei Jahre auf dem Weingut, bevor nach insgesamt knapp sieben Jahren ihre Jugend endet. Während dieser Zeit haben sie das Rüstzeug erhalten, um unbeschadet das Alter eines Greises zu erreichen. Sie zeichnen sich durch eine extreme Stabilität aus und reifen deutlich langsamer, als dies ihre konventionell gekelterten, weißen Artgenossen tun.

Im April 2018 konnten wir uns bei einem Besuch auf dem Weingut davon überzeugen, als Sasa Radikon zur reichhaltig gedeckten Tafel am Familientisch eine 0,50 Liter Flasche des Ribolla Gialla aus dem Jahr 2002 für uns geöffnet hat. Eine Zeitkapsel, die die Charakteristik des Jahrgangs nahezu konserviert. Etwas einfacher verhält es sich bei den beiden Weinen der S-Linie. Die Maischestandzeit beträgt hier lediglich 8 bis 12 Tage, der anschließende Ausbau im großen Holzfass nimmt 18 Monate in Anspruch. Während sich der Pinot Grigio in einem tiefen Himbeerrot präsentiert, zeigt «Slatnik», eine Cuvée aus Chardonnay und Friulano, das typische Orange. Die beiden Weine eignen sich aufgrund ihres leichteren Zugangs hervorragend als Einstieg in die Welt des Orangewines.